Klappentext: Der Ozean am Ende der Straße

Heute bespreche ich den Klappentext vob „Der Ozean am Ende der Straße“, ein Buch des Bestsellerautors Neil Gaiman.

Ich habe dieses Jahr nichts mit größerer Begeisterung gelesen!“ Daniel Kehlmann

Es war nur ein Ententeich, ein Stück weit unterhalb des Bauernhofs. Und er war nicht besonders groß. Lettie Hempstock behauptete, es sei ein Ozean, aber ich wusste, das war Quatsch. Sie behauptete, man könne durch ihn in eine andere Welt gelangen. Und was dann geschah, hätte sich eigentlich niemals ereignen dürfen …

Weise, wundersam und hochpoetisch erzählt Gaiman in seinem neuen Roman von der übergroßen Macht von Freundschaft und Vertrauen in einer Welt, in der nichts ist, wie es auf den ersten Blick scheint.

Auch hier hat der Klappentext drei Teile. Einmal ein Zitat von Daniel Kehlmann, dann eine anschauliche Schilderung in einem Absatz und zum Schluss eine Zusammenfassung.

Zitate

Das Zitat am Anfang stammt von einem bekannten Bestsellerautor. Ein Zitat einer bekannten Autorin oder eines bekannten Autors ist immer werbewirksam und kann als Aufhänger des Klappentexts dienen. Aber wie gelangt ein Newcomer an so ein Zitat?

Da gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste: Workshops. Viele bekannte Autorinnen halten Workshops, entweder in Autorenschulen oder an Universitäten. Dort werden die Texte der Teilnehmerinnen besprochen, und wessen Texte dem Dozenten auffallen, der hat gute Chancen, einen kurzen Satz zu seinem Werk zu erhalten.

Die andere Möglichkeit sind Netzwerkkontakte. Wer auf Tik-Tok, FB oder Instagram mit anderen Autoren vernetzt ist, kann Freundinnen dort fragen, ob sie etwas zu dem Werk sagen wollen. Insbesondere solche, die bereits veröffentlicht haben, sind wertvoll. Aber auch Aussagen von Lesern, denen ein treffender, pointierter Satz einfällt, eignen sich für den Klappentext.

Ich weiß, es ist arrogant, aber Zitate unbekannterer Personen würde ich eher unter den eigentlichen Klappentext schreiben.

Wichtig ist nicht nur, ob der Autor bekannt ist. Sondern auch, was er selbst schreibt. Kehlmann schreibt gehobene Unterhaltung, magischen Realismus. Dementsprechend erwartet der Leser, dass das belobigte Werk ebenfalls in dieses Genre fällt. Ein lobender Satz von Sebastian Fitzek würde dagegen die Erwartung auf einen Psychothriller wecken.

Und last, but not least: Ihr Buch muss inhaltlich glänzen, damit jemand dafür einen Werbespruch zur Verfügung stellt.

Mittelteil

Ein Ententeich am Ende der Straße, das ist anschaulich, aber nichts Aufregendes. Doch Lettie behauptet, es sei ein Ozean, durch den man in eine andere Welt gelangen würde.

„Show, don´t Tell“, das gilt auch im Klappentext. Er soll einen Film im Kopf der Leserinnen und Leser starten. Und was ist dazu besser geeignet als ein Konflikt, ein Widerspruch, eine Verbindung von Gewöhnlichem und Ungewöhnlichem?

Mit drei Sätzen schafft es dieser Klappentext, einen Film zu starten. Nicht nur über die Welt und die Handlung, sondern auch über die beiden Personen, Lettie und den Ich-Erzähler. Beides sind Kinder, so vermuten wir.

Und wir erwarten eine Geschichte zwischen Magie und Realität. Das haben wir bereits durch das Zitat von Daniel Kehlmann assoziiert.

Und was ist mit dem vierten Satz? „Und was dann geschah, hätte sich eigentlich niemals ereignen dürfen …“

Der ist sehr allgemein gehalten, kündigt ein gefährliches Ereignis an, etwas, das nie hätte geben dürfen.

Solche Sätzen sind gefährlich. Denn sie sagen wenig aus. In diesem Fall haben wir allerdings durch die anschaulichen Sätze davor eine Ahnung, was dieser Satz bedeuten könnte.

Ich-Perspektive und Ungewohntes

Klappentexte und Exposés sollten in der dritten Person, in personaler Perspektive und im Präsens geschrieben werden. Das ist der Standard, und so wird es überall empfohlen.

Hier haben wir einen Ich-Erzähler im Klappentext, das ist sehr ungewöhnlich. Das Buch selbst ist ebenfalls ungewöhnlich, also passt hier der Ich-Erzähler und verdeutlicht, um welche Art von Buch es sich handelt.

Die Zusammenfassung

Der Mittelteil geht ganz nah an Personen und Handlung heran durch die personale Perspektive des Ich-Erzählers.

Die Zusammenfassung am Schluss hingegen geht auf Distanz, sie blickt aus der Entfernung, aus der allwissenden Perspektive auf das Buch. Benennt die Themen (Freundschaft und Vertrauen in die Welt) und den Stil (weise, wundersam und hochpoetisch).

Könnte man einen derartigen Absatz auch an den Anfang eines Klappentexts setzen?

Nein. Und warum nicht?

Im Mittelteil sind wir dem Buch sehr nahegekommen, wir haben bereits Assoziationen dazu entwickelt. Auf die bezieht sich der letzte, distanzierte Absatz. Und ohne sie würde der allgemeine Absatz nicht wirken.

Resümee

Ein Widerspruch zwischen Alltäglichem und Irrealem funktioniert immer gut als Titel und als Klappentext. Daher lohnt es sich, das eigene Manuskript daraufhin zu untersuchen. Noch besser, wenn Sie beim Schreiben Widersprüchliches entdecken, dass Sie in Ihren Roman einbauen können. „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg“, „Krieg und Frieden“: Achten Sie einmal darauf, welche Widersprüche Sie in erfolgreichen Romanen entdecken.

Schicken Sie mir Ihren Klappentext und mit etwas Glück bespreche ich ihn hier im nächsten Blog

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Klappentext: Der Ozean am Ende der Straße

Klappentext-Lektorat

Klappentexte sollen den Käufer zum Kaufen verleiten. Oder wenigstens zum Lesen der ersten Seite.
Doch wie schaffen sie es? Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Einer davon ist der klassischen Aufbau.
Er besteht aus drei Teilen.

  1. Der Aufreißer oder der Pitch
    Der springt der Leserin, dem Leser direkt ins Gesicht. Er stellt sicher, dass der Leser das Buch nicht gleich wieder weglegt, sondern den Klappentext weiterliest und hat die gleiche Funktion wie ein Pitch. Deswegen steht hier oft der Pitch des Buchs. Ein Satz, maximal zwei, danach neuer Absatz.
    Nicht vergessen: Dieser Pitch mus Assoziationen wecken, also anschaulich sein, Bilder im Kopf wecken.
  2. Appetithappen
    Hat die Leserin angebissen, das Buch nicht weggelegt, kommen jetzt Appetithappen, die das Interesse weiter verstärken. Ein, zwei oder drei Absätze mit fesselnden Ereignissen aus dem Anfang des Buchs anreißen. Hier ist Show, don´t Tell wichtig, Assoziationen wecken und einen Film im Kopf ablaufen lassen.
  3. Zusammenfassung
    Am Schluss steht eine Zusammenfassung, die dem Leser noch einmal vermittelt, was ihn in dem Buch erwartet. Ein Satz, maximal zwei. Und da die Leserin bereits anschauliche Bilder im Kopf hat (oder haben sollte), ist hier die einzige Stelle, in der der Klappentext allgemein sein darf. Denn dieser Teil nutzt den vorangegangenen Text als Anker. Weil dort Bilder geweckt wurden, die dafür sorgen, dass der Leser sich unter der Zusammenfassung etwas vorstellen kann.
    Hier passt das Genre hinein, darf auch mal gelobt werden, ist ein Verweis auf vergleichbare Bücher gut.

Schauen wir uns ein Beispiel an:

Dahinwelken im Altersheim? Die ehemalige Krimiautorin Melli will das nicht!
Doch dann findet sie im Lainzer Tiergarten eine Leiche und ruft die Polizei. Vorbei ist es mit Dahinwelken, ihre kriminalistischen Instinkte erwachen.
Aber Chefinspektor Angermeier ist gar nicht begeistert, dass ihm nun eine 82jährige Hobbydetektivin ins Handwerk pfuscht.
Und dann passieren auch noch weitere Morde.
Ein vergnüglicher und spannender Wien-Krimi mit Witz und Wiener Schmäh und einer ungewöhnlichen Ermittlerin im Stil von Miss Marple.
(Alt, Böse, tot, Ingrid J. Poljak, 2023)

Anreißer ist der Konflikt: Eine ehemalige Krimiautorin sitzt im Alterheim und will dort nicht dahinwelken.

Appetithappen: Sie findet eine Leiche (muss also nicht weiter dahinwelken). Doch dem zuständigen Kriminalinspektor ist das gar nicht recht, dass ihm nun eine Hobbydetektivin ins Handwerk pfuscht. Ein beliebtes Motiv, dass bei Krimilesern sofort Bilder weckt. Hinzu kommt, was für dieses Buch besonders ist: Die Heldin ist 82.

Zusammenfassung. Hier wird das, was vorher steht, zusammengefasst:
Ein vergnüglicher und spannender Wienkrimi mit Witz und Wiener Schmäh.
Stünde diese Aussage am Anfang des Klappentextes, würde sie nicht wirken, weil es nach Werbespruch aussieht. Die Sätze davor haben aber bereits Bilder geweckt.
Und dann der Verweis auf Miss Marple.
Ist das nicht Größenwahn? Da vergleicht jemand sein Werk mit Miss Marple?
Der Trick ist, dass hier nicht gesagt wird, es sei genauso gut. Sondern nur, dass es einen ähnlichen Stil hat. Auch dafür finden sich in den Appetithappen einige Hinweise, das Alter der Heldin und dass sie Hobbydetektivin ist.
„Im Stil von …“ gibt dem Leser eine Orientierung, was ihn im Buch erwartet, ohne marktschreierisch zu wirken.

Verabstaltungen auf der Leipziger Buchmesse 2023 zum Klappentext:

Diskussion „Wege aus der Klappentexthölle“, Leipziger Buchmesse 2023 mit Sissi Steuerwald, H.P. Röntgen, Juri Pavlovic, Freitag 28.4., 11:30-12:00, Halle 5, A700
https://www.leipziger-buchmesse.de/pco/de/buchmesse/63e3a9ea8151e8100509bdb8

Workshop in der Leipziger Autor*innenrunde, Samstag 29.4.

Literatur
Klappentext, Pitch und anderes Getier, Hans Peter Roentgen 2018

Was dem Lektorat auffällt
was Sie immer schon mal über Lektorate wissen wollten, das Buch

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Klappentext-Lektorat

Klappentextlektorat Oktober 2018

Der Plot

Erste Fassung:

Wie ferngesteuert berühren Max´ Finger die Tastatur. Buchstaben bilden Wörter, Wörter verketten sich zu Sätzen. Sätze, die bereits zwei Menschen den Tod gebracht haben.

Wie viele noch? 

Die Mordopfer in Max´ Auftragskrimi sterben in Wirklichkeit, und er weigert sich, weiterzuschreiben.
Dann verschwindet seine Tochter …

Immer tiefer verstrickt sich Max in das Netz eines unsichtbaren Feindes. Bis ihm klar wird, dass der Horror mit dem letzten geschriebenen Satz nicht endet, sondern erst beginnt.

Lektorat, erste Fassung

Dieser Klappentext beginnt mit einem Zitat aus dem Manuskript. Der Inhalt des Zitats verweist auf den Konflikt – die Sätze von Max bringen Menschen den Tod. Dennoch wirkt das Zitat nicht wirklich gut. Denn dass Buchstaben Wörter bilden, Wörter sich zu Sätzen verketten, ist zwar richtig, wirkt aber nicht spannend. Diesen Teil des Zitats würde ich kürzen.

Im zweiten Teil des Klappentextes wird der Konflikt verschärft. Max weigert sich, weiterzuschreiben. Und dann verschwindet seine Tochter.
Das würde ich schärfer formulieren:

Dann wird seine Tochter entführt.

Der letzte Satz ist lang, enthält Überflüssiges und wirkt deshalb schwach. Kürzer wäre er knackiger:

Doch mit dem letzten geschriebenem Satz endet der Horror nicht, sondern …

 Klappentext, zweite Fassung:

Wie ferngesteuert berühren Max´ Finger die Tastatur. Buchstaben bilden Wörter, Wörter verketten sich zu Sätzen. Sätze, die bereits zwei Menschen den Tod gebracht haben.

Wie vielen noch?

 Der erfolglose Krimiautor Max Delius erhält den Auftrag, einen Bestseller zu verfassen, genau nach vorgegebenem Plot. Noch während er schreibt, sterben die ersten Mordopfer in Wirklichkeit.

Nachdem er sich weigert, weiterzuschreiben, gerät seine Tochter in die Macht eines unsichtbaren Feindes. Max muss das Werk vollenden, sonst stirbt sie.

Beim nächsten Anschlag fliegt unverhofft der Killer auf, und das Unvorstellbare geschieht: Max wird als Hauptfigur in die eigene Geschichte hineingezogen.

Lektorat, zweite Fassung

Auch die zweite Fassung beginnt mit dem Zitat. Danach wird es anschaulicher, weil diese Fassung Max Delius vorstellt und warum er den Thriller schreibt. Ich würde hier das Wort „Thriller“ verwenden, „Bestseller“ ist nichtssagender und sie sind vor allem nicht planbar. bei einem Thriller erwartet jeder Morde – allerdings nur auf dem Papier.

Im zweiten Absatz stört mich die „nachdem“-Konstruktion. Klappentexte lieben kurze Sätze und sollten die Dinge auf den Punkt bringen (außerdem heißt es hochsprachlich „als“). „Gerät in die Macht eines unsichtbaren Feindes“ klingt harmloser als „wird seine Tochter entführt“. Letzteres weckt mehr Emotionen beim Leser.

Der letzte Absatz ist wieder sehr aufgebläht mit Informationen. Der Killer fliegt auf, und Max wird in seine eigene Geschichte hineingezogen. Außerdem ist „das Unvorstellbare geschieht“ inhaltsleer und unanschaulich. Das ginge kürzer und spannender: „Und dann wird Max zur Hauptfigur der eigenen Geschichte …“

Vorschlag neue Fassung

Bei Klappentexten wie bei Romanen gibt es keine „richtige“ und „falsche Lösung“. Man hat immer unterschiedliche Möglichkeiten und kann auswählen, welche am besten zum Buch passt und den Leser reizt, das Buch aufzuschlagen.

Mehrere Fassungen sind immer eine gute Idee, um einen spannenden Klappentext zu schneidern. Hier ist mein Vorschlag, zusammengesetzt aus den beiden Fassungen:

Max´ Sätze haben bereits zwei Menschen den Tod gebracht.

Der erfolglose Krimiautor Max Delius erhält den Auftrag, einen Thriller zu verfassen. Und während er schreibt, sterben die Mordopfer nicht nur auf dem Papier, sondern auch in Wirklichkeit.

Er weigert sich, weiterzuschreiben.

Daraufhin wird seine Tochter entführt.

Max muss sein Werk vollenden, sonst stirbt sie.

Und der Horror endet nicht mit dem letzten geschriebenen Satz.

Hier habe ich die Info, dass er selbst in die Geschichte hineingezogen wird, weggelassen. Das wäre ein zu großer Spoiler. Die Entführung der Tochter und die Morde in der Wirklichkeit bieten genügend Spannung und lassen den Konflikt deutlich werden. Mehr braucht es nicht.

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Klappentext, Pitch und anderes Getier
Wie Sie aus einem spannenden Buch einen spannenden Klappentext schneidern

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Klappentextlektorat Oktober 2018

Klappentextlektorat August 2018

Schnappt Shorty

(c) Elmore Leonard

Palmer hat schlechte Karten und die falschen Leute im Nacken, aber einen ehrgeizigen Plan: Er will das ganz große Geld machen. Zimm hat sich nie als großes Regietalent erwiesen, besitzt aber das heißeste Drehbuch des Jahres. Weir, genannt Shorty, hat noch jeden Film zum Erfolg gemacht, nur dass er diesmal mitspielen will …

Eigentlich beginnt alles ganz harmlos mit dem Diebstahl einer Lederjacke aus einer Restaurantgarderobe in Miami. Chili Palmer, ein kleiner Kredithai und Schuldeneintreiber, hat sie dort abgegeben und ein Kerl namens Ray Bones ist mit ihr klammheimlich verschwunden. Also besorgt sich Chili seine Jacke wieder, nicht ohne Bones dabei einen nachhaltigen Denkzettel zu verpassen.

Lektorat

Ein klassischer Aufbau des Klappentextes. Erst werden drei Figuren vorgestellt. Jeder in ein, zwei Sätzen, ein Schnappschuss. Die gute, alte Dreierregel, drei ist eine magische Zahl.

Die Drei sind sicher nicht die Personen, die wir uns als Nachbarn oder Freunde wünschen, aber wir ahnen bei jeder, dass es Probleme geben wird. Und die würden wir gerne erfahren und wie sie sich da herauswinden – oder eben auch nicht.

Gute Bücher leben von faszinierenden Figuren. Sie müssen nicht notwendig sympathisch sein – wer findet Kannibalen wie Hannibal Lecter schon sympathisch? -, aber sie müssen eine faszinierende Geschichte versprechen. Damit Figuren faszinieren, reicht es nicht, etwas zu behaupten. „Palmer ist ein kleiner Geldeintreiber, den brutale Mafioso verfolgen“ reizt so wenig zum Lesen wie „Zimm ist ein drittklassiger Regisseur, der ein gutes Drehbuch besitzt“.

Der zweite Abschnitt erzählt uns, was die Geschichte in Gang setzt. Chili Palmer, der kleine Mafiosi und Geldeintreiber, hat seine geliebte Lederjacke im Restaurant abgegeben und ein anderer ist damit verschwunden. Er holt sie sich wieder und verpasst dem Dieb eine Abreibung. Der wird das nicht auf sich sitzen lassen, ahnen wir. Auch hier steht das, was den Leser interessiert, nicht im Text, sondern zwischen den Zeilen. In Mafiosi Kreisen nimmt man sowas nicht einfach hin. Wie geht es weiter, das ist die Frage. Aber sie steht nicht platt im Text – „Wird Ray sich rächen?“ –, sondern zwischen den Zeilen. Der Text überlässt es dem Leser, sich diese Frage zu stellen.

Was können wir daraus lernen?

Ersten, dass es immer gut ist, etwas zwischen den Zeilen stehen zu lassen. Wer einen Witz erklärt, hat schon verloren und wer im Klappentext alles dem Leser erklärt, auch. Spannung lebt von dem, was nicht im Text steht, dort aber angedeutet wird. Nicht anders als im Witz.

Zweitens, spannende Geschichten und erst recht spannende Klappentexte leben von faszinierenden Figuren mit ungewöhnlichen Problemen. Der Nachbar, der so sympathisch ist und dessen größtes Problem darin besteht, dass er nie im Lotto gewinnt, eignet sich da nicht.

Drittens, „Show, don`t tell“. Nicht gerade neu, aber man kann es nicht oft genug wiederholen. Anschaulich erzählen, im Leser Bilder und Szenen entstehen lassen, so dass er wissen will: Wie geht es weiter?

Viertens: Auch und gerade im Klappentext kommt es auf Stil und Formulierung an.

Leonard ist in den USA einer der ganz großen Thrillerautoren, viele seiner Bücher wurden verfilmt, so auch „Schnappt Shorty“. Leider ist das Buch im Moment bei Rowohlt nicht mehr erhältlich, was ich nicht verstehe. Bei Ebay, Amazon und anderen Anbietern bekommt man es aber billig gebraucht. Und das Buch ist so spannend wie der Klappentext.

Das wäre das Fünfte, das wir daraus lernen können: Es ist sehr viel einfacher, aus einer tollen Story mit faszinierenden Figuren einen Klappentext zu schneidern als aus einer lahmen. (aus: tempest 08/2018)

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Klappentextlektorat August 2018

Klappentextlektorat Mai 2018

Seekoller – Eine Bodensee-Miami Krimikomödie

(c) Christiane Kördel

Mehrere Fassung zu erstellen, ist immer eine gute Idee, wenn man einen Klappentext entwickelt. Hier kommen drei Fassungen für eine Roman. Nehmen Sie den Stift zur Hand und notieren Sie, was Ihnen dazu einfällt. Folgende Fragen sind bei einem Klappentext wichtig:

– Wird klar, worum es in dem Buch geht?
– Spiegelt sich die Atmosphäre des Buches im Klappentext?
– Verlockt es die Leser dieser Art Bücher, das Buch aufzuschlagen?

Version 1a

„Logik wird überschätzt.“ – „Bauchgefühl auch.“

Kopfkino und Krimilaune in Konstanz am Bodensee und Miami am Atlantik.

Ines Fox hat den bildschönen Bodensee satt und muss mal raus. Als ihr Urlaubsbeginn mit einem Doppelmord zusammentrifft, schmeißt sie ihre Pläne über den Haufen. Dringender wird: Warum bringt jemand amerikanische Flitterwöchner in einer Fahrradrikscha auf der Konstanzer Promenade um?

Die Heldin mit Hund hat Blut geleckt und fliegt kurz entschlossen nach Miami, um dort zu ermitteln. Sie geht auf Tuchfühlung mit der Mafia nur, um festzustellen, dass das gefährlich ist. Und nicht nur für sie. Ist es das wert? Und wie kommt man aus so einem Schlamassel wieder heraus?

Ines Fox‘ dritter Fall, locker mit Freude am Wortwitz erzählt. Ein humorvoller Krimi, der sich nicht immer wie einer anfühlt.

Version 1b

„Logik wird überschätzt.“ – „Bauchgefühl auch.“

Ein humorvoller Krimi. Kopfkino und gute Laune in Konstanz am Bodensee und Miami am Atlantik.

Die eigensinnige Ines Fox, der die Bodenseedecke auf den Kopf fällt. Ihr norddeutscher Freund Dr. Frieder, der lieber heute als morgen in der Rechtsmedizin Mordfälle lösen will. Und amerikanische Flitterwöchner, die aussehen wie Barbie und Ken und tot in einer Konstanzer Fahrradrikscha sitzen. Beste Zutaten für einen Sommeranfang à la Ines Fox.

Ines fliegt kurz entschlossen nach Miami, um zu ermitteln. Sie geht auf Tuchfühlung mit der Mafia und bringt überraschend ans Licht, dass das gefährlich ist. Und nicht nur für sie. Ist es das wert? Wie kommt man da wieder heraus?

Der dritte Fall der Ines Fox, locker mit Freude am Wortwitz erzählt. Ein humorvoller Roman, der sich nicht immer wie ein Krimi anfühlt.

Version 1c

„Logik wird überschätzt.“ – „Bauchgefühl auch.“

Amerikanische Flitterwöchner, die aussehen wie Barbie und Ken und tot in einer Konstanzer Fahrradrikscha sitzen. Die pathologisch neugierige Ines Fox, der die Bodenseedecke auf den Kopf fällt. Und ihr norddeutscher Freund Dr. Frieder, der lieber heute als morgen in der Rechtsmedizin Mordfälle lösen will. Beste Zutaten für einen rasanten Sommeranfang à la Ines Fox.

Ines fliegt kurz entschlossen nach Miami, um zu ermitteln. Sie geht auf Tuchfühlung mit der Mafia und bringt überraschend ans Licht, dass das gefährlich ist. Und nicht nur für sie. Ist es das wert? Wie kommt man da wieder heraus, aus dem Schlamassel und dem Land?

Ines Fox‘ dritter Fall, locker mit Freude am Wortwitz erzählt. Ein humorvoller Roman, der sich nicht immer wie ein Krimi anfühlt. Kopfkino und gute Laune in Konstanz am Bodensee und Miami am Atlantik.

Lektorat

Alle drei Fassungen stellen dar, worum es in dem Buch geht. Zwei Flitterwöcher, die aussehen wie Barbie und Ken sitzen tot auf der Bodenseepromenade in einer Fahrradrikscha. Und mit dem Urlaub von Inex Fox ist es Essig, stattdessen ermittelt sie in Miami bei der Mafia und das kann sehr ungesund sein.

Das sollte immer der erste Schritt beim Entwurf eines Klappentextes sein: Festlegen, worum es geht.

Atmosphäre

Kommt die Atmosphäre des Buches in den verschiedenen Fassungen herüber?

Nur bedingt. Zwar sagen die Texte, dass es ein humorvoller Krimi mit Wortwitz ist, aber das wird behauptet. Im Text selbst spielt Wortwitz kaum eine Rolle.

Ines fliegt kurz entschlossen nach Miami, um zu ermitteln. Sie geht auf Tuchfühlung mit der Mafia nur, um festzustellen, dass das gefährlich ist. Und nicht nur für sie. Ist es das wert? Und wie kommt man aus so einem Schlamassel wieder heraus?

Das könnte man mit mehr Witz und Understatement formulieren:

Ines fliegt kurz entschlossen nach Miami, um zu ermitteln. Doch die Mafia ist über den Besuch aus Deutschland gar nicht begeistert.

Damit hätten wir die Gefahr nicht benannt – aber jeder Leser assoziiert aus dem Satz: Oh, das wird gefährlich werden.

Die dreier Regel

Was haben Fassung 1b und1 c gemeinsam?

Es werden drei Personen vorgestellt. Ein bewährtes Muster bei Klappentexten: Stelle in jeweils einem kurzem Satz drei Personen mit ihrem jeweiligen Problem vor.

Hier funktioniert das nicht so richtig. Warum?

Die Dreier Regel ist eine gute Möglichkeit, Spannung im Thriller zu erzeugen. Hier haben wir aber einen witziger Krimi. Und die drei Personen sind nicht so eindrücklich, dass sie den Leser packen.

Dr. Frieder, der lieber heute als morgen in der Rechtsmedizin Mordfälle lösen will«, stellt zwar Frieder vor, aber in der Rechtsmedizin Leichen aufzuschneiden, klingt nicht sehr gefährlich oder gar existenziell für den Doktor.

Der Anfang

Die drei Fassungen haben alle den gleichen Anfang.

„Logik wird überschätzt.“ – „Bauchgefühl auch.“

Ein ungewöhnlicher Einstieg, nicht das Übliche. Das spricht für ihn. Aber auf was bezieht er sich? Er ist allgemein und das ist der Nachteil. Mich reißt dieser Satz nicht vom Hocker.

Der Schluss

Ganz wichtig ist natürlich die Erwähnung, dass es der dritte Fall einer bereits bekannten Detektivin ist. Der Stil des Klappentexts und des Covers sollten sich an dem der vorherigen Folgen orientieren.

Am Schluss findet sich auch die Zusammenfassung, was für eine Art von Krimi es ist, auch das ist wichtig.

Keywords

Keywords, auch Buzzwords genannt, sind in Klappentexten wichtig. »Mord« verweist auf Krimi, Liebe auf Liebesroman, Leidenschaft kündigt Erotik an. Diese Keywords sind besonders wichtig für Bücher, die hauptsächlich bei Amazon verkauft werden. Denn der Amazon Algorithmus entscheidet nach solchen Keywords, was er wo vorstellt.

In unserem Fall sind das »Wortwitz«, »humorvoll«, »Kopfkino«, »gute Laune«.

Wenn Sie solche Keywords verwenden, müssen Sie aber auch darauf achten, dass der Inhalt des Klappentextes diesen Keywords entspricht. In unserem Fall: Der Klappentext sollte Witz und gute Laune versprühen.

Die endgültige Fassung des Klappentextes

„Logik wird überschätzt.“ – „Bauchgefühl auch.“

Kopfkino und gute Laune in Konstanz und Miami.

Ines Fox hat den Bodensee satt und freut sich auf den ersten Urlaub mit ihrem Dr. Frieder. Kurz vor der Abfahrt wirft ein skurriler Doppelmord ihre Pläne über den Haufen: Amerikanische Flitterwöchner, die aussehen wie Barbie und Ken, sitzen tot in einer Fahrradrikscha auf der Konstanzer Promenade. Natürlich kann Ines ihre Finger nicht von dem Fall lassen. Kurz entschlossen fliegt sie allein nach Miami, um zu ermitteln. Sie geht auf Tuchfühlung mit der Mafia und muss erkennen, wie gefährlich das ist. Wie kommt sie aus dem Schlamassel nur wieder heraus?

Der dritte Fall der eigenwilligen Hobby-Detektivin, locker und mit Wortwitz erzählt.

Ein humorvoller Krimi, der sich nicht immer wie ein Krimi anfühlt.

Die ideale Urlaubslektüre.

Lektorat

Das ist die endgültige Fassung, für die sich die Autorin entschieden hat. Ein Klappentext, der Roman klar und verständlich darstellt. Der Leser weiß, auf was er sich einlässt. Wie oben schon geschrieben, würde ich im Text selbst etwas mehr Wortwitz aufblitzen lassen, um die Atmosphäre des Romans erleben zu lassen. Und bei den drei Schlussätzen wiederholt der zweite, was vorher bereits gesagt wurde, den könnte man streichen.

Ich habe nichts dagegen, wenn Sie diesen Blog teilen, verlinken, weiter empfehlen. Wenn Sie anderer Meinung sind oder etwas zu diesem Beispiellektorat beitragen wollen, scheuen Sie sich nicht, es mir zu mailen oder in FB zu kommentieren! Sie können auch Ihre Texte für ein Beispiellektorat vorschlagen.

Klappentext, Pitch und anderes Getier

Wie Sie aus einem spannenden Buch einen spannenden Klappentext schneidern

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Klappentextlektorat Mai 2018